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Auto News: 26. Juli 2000


 


Opel-Standort Kaiserslautern: Vorbildfunktion für den Aufbau zukünftiger Komponentenwerke
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  • Innovative Strategien garantieren Produktion auf höchstem Niveau
  • 546 Systeme überwachen vollautomatisch die Fertigungslinien
  • Laser- und CCD-gestützte Kontrollen in der Fertigung
  • Diamantwerkzeuge für µ-genaue Bearbeitungen

Kaiserslautern - Zurzeit entsteht am Opel-Standort Kaiserslautern eine hochmoderne Produktionsanlage für innovative ECOTEC-Leichtmetall-Motoren. Die 2.2 Liter-Version dieser Triebwerkreihe wird momentan noch im GM-Schwesterwerk im amerikanischen Tonawanda produziert und feierte zu Beginn des Jahres im Astra Coupé Premiere. Das Aggregat leistet hier 108 kW (147 PS) bei 5.800 Umdrehungen pro Minute und macht das neue Coupé 218 km/h schnell. Dabei begnügt sich das 138 Kilogramm leichte Triebwerk mit 8,4 Liter Superbenzin pro hundert Kilometer und unterbietet die zukünftige Abgasnorm Euro 4. Ab Herbst diesen Jahres wird das agile Aggregat auch im Speedster zum Einsatz kommen. Hier sorgt der nur 138 Kilogramm leichte Vierzylinder für fulminante Fahrleistungen: Aus dem Stand sprintet der zweisitzige Leichtbau-Roadster in 5,9 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht eine Spitze von 220 km/h. Dabei begnügt sich der ebenfalls nach der Euro 4-Norm eingestufte Mittelmotor-Sportwagen mit 8,2 Litern Superbenzin pro 100 Kilometer. 

Ab Frühjahr 2001 werden sämtliche Leichtmetall-Motoren für Europa und die Märkte außerhalb der USA in Kaiserslautern produziert. Aus diesem Grund kommen, wie bei den abgeschlossenen Planungsarbeiten, auch beim momentanen Aufbau und in der zukünftigen Produktionsphase völlig neue Strategien zum Einsatz, die stabile Fertigungsprozesse und ein ausgezeichnetes Qualitätsniveau garantieren. 

Das mit dem Kürzel QS 9000 bezeichnete Programm wird bei Opel erstmals bereits in der Planung im weltweiten General Motors Powertrain-Verbund eingesetzt. Damit besitzt die neue Motorenfertigung in Kaiserslautern für den Aufbau zukünftiger Komponentenwerke einen ähnlichen Modellcharakter wie zu Beginn der Neunziger das Opel-Werk Eisenach für andere Automobilwerke im Konzernverbund. QS 9000 umfasst alle Unternehmensbereiche: von der Entwicklung bis zum Kundendienst. Prüfverfahren, Abläufe sowie die Kommunikation zwischen einzelnen Abteilungen und Zulieferern werden standardisiert und neu strukturiert. Besonders gestärkt werden Prozesse, die eine schnellere Anpassung an sich ändernde Kundenanforderungen sicherstellen. Der weltweit anerkannte Standard QS 9000 wurde von General Motors, Ford und Chrysler entwickelt und speziell auf die Belange der Automobilindustrie abgestimmt. Die einzelnen Elemente gehen dabei über die Anforderungen der ISO 9000-Reihe hinaus. So durchlaufen zum Beispiel unter Serienbedingungen hergestellte Motor-Prototypen und der gesamte Fertigungsablauf selbst einen komplexen Abnahme- und Prüfprozess, noch bevor die Produktion startet. 

Genaueste Fertigungsanalyse bereits während der Produktentwicklung 

Bereits in einer frühen Produktentwicklungsphase der innovativen Leichtmetall-Motorenfamilie begannen die Arbeiten an einem umfassenden Qualitätskonzept für die spätere Fertigung. Spezielle Teams, denen Ingenieure aus den Bereichen Produktentwicklung, Produktionsplanung, Qualitätssicherung, Instandhaltung und Fertigung angehörten, durchleuchteten die verschiedenen Fertigungsabläufe und legten mit Hilfe eines Punktekataloges die Bedeutung bestimmter Kontrolloperationen fest. Dabei orientierten sich die Teammitglieder an drei Kriterien: Zunächst bestimmten sie die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Problem auftreten könnte, und danach die potenziellen Auswirkungen auf das Produkt und den Produktionsprozess. Anschließend untersuchten sie die bereits integrierten Kontrolleinrichtungen und Gegenmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit. Ergaben sich aufgrund dieser detailgenauen Untersuchungen des gesamten Produktionsprozesses neue Angaben, wurden Lösungen erarbeitet, die mögliche Schwachstellen direkt beseitigen. Ist dies nicht möglich, installieren die Planer zusätzliche Kontrolleinrichtungen, welche die jeweilige Quelle sicher diagnostizieren können und entwickeln neue Abwehrstrategien. Trotz dieser umfangreichen Entwicklungsarbeit gaben sich die Fertigungsingenieure aber immer noch nicht zufrieden. Um selbst auf die größtmöglichen Unwägbarkeiten in dem äußerst komplexen Produktionsprozess vorbereitet zu sein, entwarfen sie einen bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten Ablaufplan, der eventuelle Unstimmigkeiten in der Produktion - etwa durch den Absturz von mehrfach abgesicherten Computerprogrammen für die Maschinensteuerungen - sicher behebt. 

Qualitätskontrollen: High Tech 

Zu den wichtigsten Kontrollmechanismen in der Leichtmetall-Motorenfertigung gehören die prozessintegrierten Systeme. Sie überwachen zusätzlich zu den Mitarbeitern den gesamten Fertigungsprozess vollautomatisch und gewähren somit einen 100prozentigen Check der jeweiligen Bearbeitungs- und Montagefortschritte. Registrieren diese Einrichtungen Daten, welche die vorgegebenen, engen Toleranzwerte überschreiten, wird das Band automatisch gestoppt und erst nach der Behebung der Schwierigkeiten wieder freigegeben. Wie wichtig diese Werkzeuge zur Sicherung stabiler Fertigungsabläufe sind, beweist eine Vergleichszahl. Waren es zu Beginn der Fertigung im benachbarten Dieselmotorenwerk noch 350 sogenannte "Poka Yoke"-Kontrollsysteme, so werden im Leichtmetall-Motorenwerk bereits 546 installiert. 

Grundvoraussetzung für eine qualitätsorientierte Serienproduktion sind zunächst die installierten Bearbeitungs- und Montagemaschinen. Wie präzise diese Produktionstechnik mittlerweile arbeitet, beweist der Blick in eine Fügestation der Zylinderkopf-Montaglinie. Selbst die wenige Millimeter großen Ventilkeile werden dem Fertigungsroboter vollautomatisch in der richtigen Position zugeführt und anschließend exakt montiert. Ein weiteres Beispiel: Sämtliche Bearbeitungsmaschinen für die angelieferten Rohteile (Zylinderblock und -kopf, Kurbelwelle, Nockenwelle, Pleuelstange) produzieren im µ-Bereich (1/1000 mm). 

Je nach Kontrollvorgaben der Ingenieure kommen in den verschiedenen Produktionsbereichen unterschiedliche Systeme zum Einsatz, beispielsweise Digital-Kameras, die über eine elektronische Bildverarbeitung den Prozessablauf kontrollieren. So wird in der Zylinderkopf-Montagelinie der genaue Auftrag von Klebemittel überwacht. Das elektronische Auge erkennt Fehler bei der Positionierung oder Dosierung und stoppt im Bedarfsfall die Linie bis zur Problembehebung. In der Endkontrolle dieses vollautomatisierten Montagebereiches führen ebenfalls elektronische Augen Regie. Hier kontrollieren Kameras, ob die für den jeweiligen Motorentyp richtigen Nockenwellen montiert sind. Anschließend werden die Nockenwellen der Ein- und Auslass-Seite von einem Elektromotor gedreht. Die Messelektronik diagnostiziert anhand der erfassten Schleppmomente fehlerhafte Teile, Material- oder Montageprobleme und schleust defekte Zylinderköpfe aus der laufenden Produktion aus. Neben der Überwachung mit Digital-Kameras kommen auch lasergestützte Kontrollstationen zum Einsatz. Beispiel automatische Ventilmontage: Hier kontrolliert eine nachgeschaltete Station mit Laserlicht, ob die für den jeweiligen Motortyp richtigen Ein- und Auslassventile korrekt in den Zylinderkopf gefügt wurden. 

Eine effektive Prozesskontrolle verlangt jedoch nicht immer nach High Tech-Einrichtungen, wie Prüfstationen in der Bearbeitungslinie für den Zylinderblock beweisen. Hier fahren einfache Metallstifte in die zuvor bearbeiteten Bohrlöcher. Dabei wird deren korrekte Lage überprüft. Zusätzlich werden Brüche der verschiedenen Bohrköpfe zuverlässig diagnostiziert. Bei einer anderen Station fährt der Bearbeitungskopf, bestückt mit fünf Bohrköpfen, nach jeder Operation an eine Kontrollplatte. Nur wenn alle dort angebrachten Druckkontakte durch die Bohrer betätigt werden, erfolgt die Freigabe zur Bearbeitung des nächsten Zylinderblockes. Fehlt das OK-Signal eines Bohrers, liegt ein Bruch des Bearbeitungswerkzeuges vor, die Station wird automatisch gestoppt und erst nach dem Wechsel des Bohrers wieder freigegeben. In diesen Produktionsbereichen des Alu-Motorenwerkes kommt außerdem die sogenannte Messsteuerung zum Einsatz. Um die engen Toleranzen jederzeit zu gewährleisten, kontrollieren prozessintegrierte Messstationen ständig die Bearbeitungsschritte. Falls sich die erfassten Werte den vorgegebenen Toleranzgrenzen nähern, korrigiert die Messsteuerung sofort die Einstellungen der Bearbeitungsmaschine. 

Neben den prozessintegrierten Kontrolleinrichtungen werden in den Produktionsbereichen Zylinderkopf, Zylinderblock und Kurbelwelle nach einem genau festgelegten Plan zusätzlich fertig bearbeitete Komponenten von einem 3 D-Messautomaten auf das µ (1/1000 Millimeter) genau vermessen. Diese Stichproben dienen der zusätzlichen Produktionskontrolle und geben frühzeitig Auskunft, wenn sich einzelne Bear- beitungsschritte ihrer Toleranzgrenze nähern. Ähnlich werden die Bohrungen der unteren und oberen Pleuelaugen sowie die bearbeiteten Nockenwellen stichprobenartig auf Maßhaltigkeit überprüft, auch hier steht die Diagnose eventueller Annäherungen an die Toleranzgrenzen im Mittelpunkt. 

Wertvolle Synergieeffekte durch weltweite Kooperation 

Beim Aufbau der Produktionsanlagen können Planer und Ingenieure auf die Erfahrungen anderer, hochmoderner Opel- und General Motors-Fertigungsstandorte zurückgreifen. So nutzen die Qualitätsspezialisten beim Aufbau der Kaiserslauterer Motorenschmiede die Erfahrungen aus den Werken Tonawanda (USA), Aspern (Österreich) und dem benachbarten Dieselwerk. Das unter dem Motto "Lessons learned" stehende Programm umfasste insgesamt rund 250 Verbesserungspunkte, wovon allein 180 Änderungsvorschläge aus dem amerikanischen Schwesterwerk Tonawanda implementiert wurden. So integrierten die Fertigungsingenieure in der Bearbeitungsstation der Zylinderbohrungen beispielsweise eine Abdeckplatte, die das Eindringen von Metallspänen in den Wassermantel des Motorblocks verhindert und modifizierten die nachgeschalteten Waschanlagen. Ausschlaggebend für diese Maßnahme waren die Erfahrungen aus Tonawanda. Dort hatten zurückbleibende Metallspäne im Kühlkreislauf des Motors für Probleme gesorgt. 

Manuelle Nacharbeiten sind im neuen Werk tabu 

Im Alu-Motorenwerk gehören die in anderen Motorenwerken üblichen Reparaturschleifen der Vergangenheit an. Hintergrund: Bislang wurde nach diagnostizierten Montage- oder Bearbeitungsfehlern das entsprechende Teil aus der laufenden Produktion geschleust, manuell nachgearbeitet und der Linie hinter der jeweiligen Bearbeitungs- und Kontrollstation wieder zugeführt. Nachteil: Die jeweiligen Messeinrichtungen der Maschine wurden umgangen. Dieses Manko eliminierten die Ingenieure mit einer völlig neuen Methode. Erkennt die Station Montageprobleme, wird das entsprechende Teil ausgeschleust, von den Mitarbeitern in den Zustand vor der Bearbeitung zurückgebaut und vor der entsprechenden Station dem Produktionsprozess wieder zugeführt. Anschließend durchläuft das Teil erneut diese Fertigungsphase; so bleiben alle Prozesskontrollen erhalten. 

Diamanten für perfekte Bearbeitungsergebnisse 

Ebenso wichtig wie die umfangreichen Kontrollmechanismen sind Konzeption und Bereitstellung der verschiedenen Werkzeuge für die Bearbeitungsmaschinen. Insgesamt verfügt das Leichtmetall-Motorenwerk über 131 Bearbeitungsstationen. Rund 640 verschiedene Werkzeuge - vom wenige Millimeter dünnen Bohrer bis zum Fräsrad mit 70 Zentimeter Durchmesser - garantieren ein perfektes Finish der verschiedenen Teile. Im zentral gelegenen "Tool Center" bereiten Spezialisten alle notwendigen Werkzeuge vor. Eine digitale Bildverarbeitung unterstützt die Einstellarbeiten und garantiert geringste Toleranzen zwischen 2 und 3 µ (1µ = 1/1.000 Millimeter). Da die Einstellarbeiten mit den gleichen Werkzeugaufnahmen vorgenommen werden, die auch in den Bearbeitungsmaschinen installiert sind, entfallen nach einem Werkzeugwechsel die zeitintensiven Einstellarbeiten. Für bestimmte Operationen können die Spezialisten Werkzeuge mit Schneidplatten aus polykristallinen Diamanten einsetzen, die neben einer überragenden Maßhaltigkeit auch eine wesentlich höhere Standzeit aufweisen. Statt der üblichen Wechselintervalle nach 6.000 bis 8.000 bearbeiteten Teilen können die kurz PKD genannten Schneidwerkzeuge bis zu 80.000 Teile ohne Qualitätseinbußen in Form bringen. 

Zulieferer sind wichtiger Bestandteil der Qualitätsoffensive 

Ein weiterer Baustein im umfangreichen QS 9000-Konzept ist die enge Einbindung der Zulieferer in den gesamten Entwicklungs- und Produktionsprozess. So garantieren die Zulieferbetriebe, nach den gleichen Qualitätsmerkmalen zu produzieren wie das Alu-Motorenwerk. Lange vor Produktionsbeginn überprüfen Opel-Ingenieure die Fertigungsanlagen der Lieferanten und erteilen erst dann eine Freigabe, wenn die strengen Qualitätskriterien erfüllt sind. Im laufenden Produktionsprozess kann dann die stichprobenartige Eingangskontrolle der Zulieferteile entfallen, weil der Lieferant einerseits umfangreiche Ausgangskontrollen installiert hat. Andererseits sind die Prüf- und Kontrollmechanismen innerhalb der Produktionsanlagen so umfangreich, dass jedes von der Norm abweichende Zulieferteil zuverlässig erkannt und ausgeschleust wird. 

Umfangreicher Trainingsplan für die Mitarbeiter 

Die gesamte Produktion des unter der Leitung des Internationalen Technischen Entwicklungszentrums ITEZ entwickelten Leichtmetall-Motors basiert auch auf modernster Arbeitsorganisation. Im Mittelpunkt dieser Philosophie stehen hoch qualifizierte und motivierte Mitarbeiter, die bereits in einem sehr frühen Stadium in das neue Fertigungskonzept eingebunden sind. So startete das umfangreiche Trainingprogramm für die ersten Mitarbeiter bereits mit dem Beginn der Bauarbeiten im Januar 1999. Ziele dieser Maßnahme: Die Beschäftigten lernen ihr Werk in allen Bereichen von Beginn an kennen, verstehen den gesamten Produktionsablauf und können so ihren zukünftigen Arbeitsbereich wesentlich flexibler und damit interessanter gestalten. Neben der Aufbauarbeit werden die Mitarbeiter auch in zahlreichen Seminaren innerhalb und außerhalb des Werkes auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet. Im Methoden- und Trainingszentrum machen sie sich mit dem neuen Produkt intensiver vertraut. Hier werden die späteren Montagearbeiten genau festgelegt und exakte Zeit- und Logistikpläne von den Mitarbeitern eigenverantwortlich erarbeitet. 

(20. Juli 2000)

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