Deshalb: "Dinosaurier haben Zukunft: in
einem Kapitalverbund mit klarer regionaler Aufgaben- und
Arbeitsteilung". Ein Plädoyer für eine föderalistische Führung:
"Mein Audi-Chef hat große Freiheit, solange er schöne schwarze
Zahlen schreibt."
Piëch hat den Konzern auf Vordermann gebracht,
doch die Börse honoriert das nicht. Piëch: "Sie hat es lieber,
wenn man 30.000 Leute entlässt. Sie meint, Rationalisierung gehe
zwangsläufig mit Entlassungen einher. Doch bei 30.000 Entlassungen hätten
wir 30.000 Kunden verloren. In Wolfsburg und Umgebung wäre jeder
Dritte arbeitslos geworden."
Piëch weiter: "'Wo zuviele Menschen sind, müssen welche
weg' - das ist eine verkürzte Sicht! Denn in diesem Kreislauf muss
das Sozialsystem viele Leute auffangen. Wir als Volkswagen-Konzern
sind groß genug für einen eigenen Kreislauf." Auf seine
damalige Entscheidung angesprochen, als Audi-Chef 4.000 Leute zu
entlassen, antwortet Piëch: "Eine bittere Erfahrung. ... So
etwas macht man einmal im Leben, danach sucht man andere Wege".
Dennoch gehört der Aktienkurs für Piëch
"in der Priorität ganz weit nach oben". "Wir müssen
ihn in Ordnung bringen. Doch zu diesem Zweck dürfen wir gewiss nicht
Volkswagen als Übernahmekandidaten darstellen - dann ginge es nämlich
schnell nach oben."
Um größere Transparenz zu erlangen, wird
Volkswagen nach dem International Accounting System IAS bilanzieren.
"Die Anleger werden überrascht sein, dass wir viel mehr wert
sind, als sie meinten." Aber: "Es ist ein Seilakt, Aktionären
klarzumachen, dass die Langfristsicherung eines Unternehmens Geld
kostet. Mit dem neuen Bilanzierungssystem wird es aus prinzipiellen Gründen
ein stärkeres Auf und Ab der Gewinne geben."
Über den umstrittenen Rationalisierer José
Ignacio López, der 1996 aus dem Vorstand des Volkswagen-Konzens
ausschied, sagt Piëch: "López war der Wildeste - nicht der
Effektivste." Der Spanier habe zu sehr seine Landsleute bevorzugt.
Über sich selbst sagt Piëch: "Ich bin Mitteleuropäer: nicht
national geprägt."
In Sachen Flexibilität sollten wir "von der
New Economy lernen", meint Piëch. Wichtig sei ein besserer
Service: "Wir lernen, sind aber in Sachen Kundenbehandlung noch
weit vom Ziel".
Piëchs Vertrag läuft 2002 aus. Bleiben will er
"sicher nicht". "Die Mitarbeiter sollen sich auf eine
Nachfolge einstellen können. Frisches Blut tut wieder gut." Auf
die Frage nach möglichen Nachfolgern antwortet er: "Da gibt es
intern wie extern Selbsternannte und Denkbare - im Moment zu viele.
Aber sobald der Nachfolger feststeht, ist der alte König tot,
mausetot: Er ist nicht nur eine lahme Ente, sondern er hat Glück,
wenn er noch gegrüßt wird." Ob er das "hehre Ziel",
Vorsitzender des Aufsichtsrates zu werden, erreichen könne, weiß er
nicht: "Das müssen die Aktionäre wollen."
Piëch freut sich nach seinem Ausscheiden erst
einmal auf eine Weltumseglung mit seiner Frau: "Die wird nicht
seekrank. Das ist der Vorteil: Einer muss ja das Kommando behalten."
(20. September 2000)
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